Osterlager 1962

Mein Pfadfinderversprechen am 22.4.1962. Endlich war es dann für mich auch so weit.
Wir fuhren zum Osterlager in die Nähe von Kellinghusen. Der Lagerplatz befand sich östlich von Hohenlockstedt mitten zwischen Springhoe und Neumühlen an den Fischzuchtteichen auf einer kleinen Waldlichtung. Der Platz ist über google earth zu erkennen.
 
Karte wird hier noch eingefügt...
 
Die Klimabedingungen waren zu dieser Zeit so, dass grundsätzlich zu Ostern das erste größere Lager stattfand. Die Temperaturen waren hoch genug, um auf dem Boden zu schlafen. Ich besaß damals keinen Schlafsack wie meine Freunde. Ich hatte nur eine alte graue Armeewolldecke. Damit habe ich mich des Nachts stets fachmännisch eingewickelt.

Als weiche Unterlage diente uns grünes Tannenreisig. Im Laufe den folgenden Jahren haben sich die Temperaturen zu Ostern dann sehr verändert. Es wurde stets kälter.
 
Das zweite jährliche größere Ereignis war dann stets das Pfingstlager. Hier waren dann immer schon sommerliche Temperaturen vorhanden. Das Baden war in den Teichen möglich. 
 
Das Osterlager 1962 war bis zu diesem Zeitpunkt mein größtes Lager. Viele schwarze Kohten standen auf einer Waldwiese in der Nähe von mehreren Fischteichen. Überall qualmte  es. Viele Jungen sammelten Holz.

Wir bauten unsere Kohte zu den Zelten hinzu. Für mich war das alles ein großes Erlebnis.
Über einem Lagerfeuer wurde dann das Mittagessen gekocht. Als dann unser Speckfleisch gebraten wurde, fing das Fett plötzlich Feuer.
 
Heiner Barnik nahm als Rover auch am Lager teil. Er hob die Pfanne mutig vom Feuer.
Mit der brennenden Pfanne stand er da wie ein Marathonläufer mit dem olympischen Feuer. Nach dem ersten Schrecken mussten alle lachen.  Das Feuer wurde ausgeblasen und das Fleisch war fertig.
 
Inzwischen waren die Kartoffeln auch schon gar. Plötzlich wurde eilig Salz gesucht. Ein anderer Pfadfinder wollte helfen und holte schnell eine Tüte von seiner Kochstelle.
Er streute etwas über die Kartoffeln und war überzeugt, es sei Salz. Danach stellte sich jedoch heraus, dass die Tüte Zucker beinhaltete. Uns hat das Essen aber dennoch geschmeckt.
 
Am Nachmittag gab es aber noch einen kleinen Unfall. Ingo Lähn schlug sich beim Holz hacken mit einem Beil ins Bein. Ein Rover brachte ihn mit einem Motorroller gleich zum nächsten Arzt. Die Wunde wurde genäht. Er kam dann zu uns ins Lager zurück.
Wir bauten ihm daher eine Tragbahre.
 
Gegen Abend kamen dann auch noch die Pfadfinder aus Glückstadt. Sie bauten eine Jurte auf. Ich sah zum ersten Mal ein derartig großes Gruppenzelt. 
 
Der Lagerabend
 
Am Abend wurde dann ein großes Lagerfeuer entzündet. Hier legte auch ich am 22.4.1962 mein Versprechen zur Pfadfinderschaft ab. Die Frösche aus den vielen Karpfenteichen, die sich neben dem Lagerplatz befanden, quakten dazu ihr Abendkonzert.
 
Am nächsten Morgen war ich dann schon recht früh wach. Meine Füße lagen am Zeltausgang und waren in meiner Wolldecke recht kalt geworden. Ich besaß ja keinen Schlafsack sondern nur eine einfache alte Wolldecke.
Gelangweilt fing ich daher recht früh an, meine Sachen zu ordnen. Es war verständlich, dass dies den anderen unausgeschlafenen Kameraden nicht passte.
Also versuchte ich in der Runde meine Füße irgendwie mit abzudecken, um etwas Wärme zu ergattern.
 
Die Morgenwäsche
 
Die Morgenwäsche erfolgte am fließenden Bach. Es war kalt und noch neblig. Es dauerte jedoch nicht lange, dann schien die Sonne und erwärmte uns.
Die Wimpel wurden am Mast hochgezogen. Ich setzte mich auf einen Stubben und zeichnete, schrieb Zeilen zu dieser Chronik. Am Vormittag durchstreiften wir noch die Gegend. In einem Busch hatte man das Nest einer Ente gefunden.Man ängstigte sich darum, dass sie es nicht wieder betreten würde.
 
Am Nachmittag war das Lager dann zu Ende, wir fuhren mit unseren Fahrrädern wieder nach Hause. Alles war für mich ein großes bleibendes schönes Erlebnis gewesen.
 
Pfingstenlager 1962
 
Beim fünften Lager kam es zum großen Streit. Wir waren im Juni 1962 zum Pfingstlager wieder nach Kellinghusen gefahren.

Um 10:00 Uhr erreichten wir den Lagerplatz, den wir auch zu Ostern schon belegt hatten.
Diesmal kamen wir mit der ausgeliehenen Jurte der Glückstädter Pfadfinder.
Sofort fingen wir an, auf dem uns vertrauten Platz die Zeltplanen zusammenzuknüpfen.
 
Jürgen, Richard und ich fuhren in die nächste Ortschaft, um etwas zu Mittag einzukaufen.
Bei dem Kaufmann gab es große Augen als wir 8 Brote, mehrere Pfund Margarine, Gläser Marmelade und sonstiges einkauften. Alles wurde dann in Gepäcktaschen und Zeltplanen verstaut.

Während wir zum Lager zurückfuhren, radelte Jürgen nach Haus, um sein Hauszelt als Proviantzelt zu holen.Als wir wieder am Lagerplatz ankamen merkten wir sofort an den Gesichtern, das etwas nicht in Ordnung war. Die Jurte war noch immer nicht hochgezogen.
Drei mickrige Stämme waren aufgestellt und Bernd Kähler und 2 Rover wurschtelten in den Planen herum. Unsere Sippenmitglieder erzählten uns, dass Bernd Kähler in Fahrt sei und dass er sie hin und hergejagt habe.
 
Nachdem Richard und ich mich ein wenig ausgeruht hatten, ging ich dann zum fleißig arbeitenden Bernd und fragte ihn, ob ich helfen soll. Er fuhr mich an: "Mit dir habe ich so und so noch ein Hühnchen zu rupfen". Dies war nun bestimmt nicht die richtige Antwort auf meine Frage. Ich war bedient und zog mich zurück.
 
Nach einiger Zeit kam dann der Wüterich anmarschiert. Die Jurte stand immer noch nicht. Er riss mir mein Halstuch ab und stellte mich zur Rede, weshalb ich noch keine Kochstelle im leeren Fischteich gebaut hätte. Ich fragte ihn weshalb ich im Teich eine bauen sollte, wenn wir noch die alte vom Osterlager hätten. Er meinte das wir dort eine bauen müssten wo auch die anderen eine bauten. Ich tat dann so wie er gesagt hatte, um seinem Wutausbruch zu entgehen. Endlich kam dann auch wieder Jürgen zurück.
Er stellte sich auf unsere Seite denn auch er war wütend darüber, das die Jurte noch immer nicht stand.
 
Wir aßen dann wohl erst um 15:00 Uhr zu Mittag. Danach begannen wir dann die Jurte aufzubauen. Zuerst holten wir ein paar neue Bäume mit der richtigen Länge und Stärke. Diese banden wir oben zusammen. Mit vereinten Kräften wurden sie dann hochgezogen und wie ein Dreibein hingestellt. Dann wurden die Jurtenblätter herumgezogen. Jürgen kletterte in die Stämme und band die Jurtenöffnung dort oben zusammen. Die Halteseile wurden gespannt. Dann zogen wir ein. Ein Tau hing durch das Rauchloch in die Jurte herein. Wir hielten uns daran fest und schwangen uns hin und her. Mir kam dies wie in einem großen Zirkuszelt vor. Dann wurden auch die Schlafstellen zurechtgelegt.

Bernd Kähler zog ebenfalls bei uns ein. Wir fanden das recht frech, denn er hatte uns beim Aufbau nicht mehr geholfen. Still schlug man unter seinem Schlafsack ein paar Pflöcke in die Erde. Er entdeckte sie aber und zog sie fluchend wieder heraus.
 
Danach gingen wir im Karpfenteich baden. Es war herrlich. Die nassen Badehosen wurden später über den Halteseilen zum Trocknen aufgehängt.
 
Der Wolfslauf im Pfingstlager 1962

Über einen Karpfenteich war ein Hängeseil gespannt. Wir hatten einen Heidenspaß, einige schafften es nicht, sich mit den Händen hinüberzuhangeln. Sie fielen ins Wasser.
Danach versuchten es dann auch einige Pfadfinder. Bernd Kähler wagte es auch. Bei ihm lockerte sich aber das Seil.  Mit den Füßen im Wasser zappelnd quälte er sich auf die andere Seite des Teiches. Es war ein toller Spaß.

Am Abend wurde ein großes Lagerfeuer entzündet. Alle Gruppen fanden sich hier zusammen. Wir sangen und amüsierten uns. Zwei Neulinge legten ihr Wolfsversprechen ab. Spät in der Nacht kehrten wir in die Zelte zurück.
 
Am nächsten Morgen kochten wir uns einen schönen Kaffee. Kurz bevor wir ihn zu uns nahmen, erschien ein Führer einer anderen Sippe und fragte uns, ob wir nicht gegen einen Pott voll Kakao tauschen wollten. Freudig willigten wir ein. Statt Kaffee gab es dann süßen Kakao.
 
Zu Mittag sollte es Kartoffelmuss geben. Den ganzen Vormittag schälten wir minderwertige Futterkartoffeln mit ihren tiefen Augen. Dann stellten wir den Hordentopf auf zwei Balken unter denen ein Feuer brannte. Die Balken waren aber bald durchgebrannt und der Kochtopf stand mitten in der Glut. Uns fehlte der Deckel. Das Wasser brodelte und dampfte. Asche flog umher als wir Holz zulegten. Dadurch fielen außer Asche fielen auch noch einige Ästchen in den offenen Kochpott. Bald brodelte eine braune Brühe. Wir nahmen den Hordentopf vom Feuer und gossen das Wasser ab.

Überall klebte aber dennoch auf den Kartoffeln Asche und auch kleine Äste.
Die gröbsten Teilchen wurden abgenommen, der Rest wurde dann vermust.
Die anderen Pfadfinder hatten uns zugeschaut und dies natürlich der ganzen Sippe erzählt. Diese lag nun in der Sonne und lästerte. 
Wir aber salzten die Kartoffeln und gossen eine schöne Zwiebelsoße darüber. Dies wurde noch einmal vermust und dann abgeschmeckt. Es schmeckte uns wirklich prima. Ich war selber erstaunt.
 
Wir gingen dann zur Jurte. Keiner von den anderen aus unserer Sippe wollte unseren "Frass" essen. Nach langer Zeit kam dann doch Jürgen und probierte. Ehe
ich mich versah hatte er mir den Kochtopf aus der Hand gerissen und verschwand in der Jurte. Alle Mann sausten nun hinterher. Bald saßen wir alle schmausend im Kreise. Keiner beanstandete etwas, außer den Stöcken, die wir öfter im Munde bemerkten. Trotz ordentlichem Hunger bekamen wir den Topf nicht leer.
 
Gegen Abend wurden wir dann auch in zwei Gruppen aufgeteilt. Es wurde schon neblig als wir ein Waldstück erreichten, das wir schon am Nachmittag erkundet hatten. Ein vom Sturm entwurzelter Baum fand unser aller Interesse. Es war eine Fichte. Mit ihren Wurzeln hatte sie eine riesige Platte Erde mit herausgerissen. Wir erkletterten die Wurzelplatte vom Stamm aus. Mir wurde fast schwindelig als ich die andere Seite hinab sah.
 
Dann wanderten wir weiter. Es ging durch eine Schonung. Der zu findende Schatz sollte auf einem Hünengrab liegen. Unser Führer hatte uns verlassen. Da hörten wir plötzlich Stimmen. Leise schlichen wir näher. Wir sahen  die anderen Pfadfinder auf dem Hünengrab liegen. Erst umzingelten wir sie, dann schlichen wir näher und erstürmten  mit lautem Geheul den Hügel. Überall lagen Menschenknäul. Jürgen Passig kam mir zur Hilfe. Ich befreite mich und stürmte auf den Hügel. In einer Mulde fand ich eine Kiste mit Stroh. Ich hob sie heraus und trudelte sie den Hang hinab. Da kam Jürgen Passig wieder zu Hilfe. Er schnappte sich die Kiste. Die Gefangenden wurden gefesselt und an Bäume gebunden. Dann marschierten wir los. Meine Füße wurden schon lahm, als wir in der Dämmerung ein paar Gestalten die Wiese herauf kommen sahen. Jürgen und Bock sprangen mit der Kiste in Deckung. Wir aber gingen weiter die Straße entlang. Da sahen wir am Wall einige Köpfe hochkommen.

Richard und einige andere wollten weglaufen. Ich rief sie aber zurück und warf mich den Gestalten entgegen. Doch oh Schreck es waren große Rover. Zum Weglaufen war es nun zu spät. Ich kämpfte wie wild. Doch zu guter letzt lag ich in den Dornen und gab auf. Wir wurden gefesselt. Mein Messer besaß ich aber noch. Es gelang mir die Bänder zu durchschneiden. Doch da kamen wieder ein paar Pfadfinder. Sie wollten die Fesseln sehen. Ich konnte die anderen nicht mehr befreien und warf mich auf die Feinde. Ein dicker war unter den anderen. Seinem Gewicht war ich nicht gewachsen. Ich wurde wieder gefesselt. Wenige Zeit später zeigte sich, das wir nicht die einzigen Gefangenen waren. Wir wurden alle aneinander gebunden und mussten dann zum Lager zurückmarschieren.
 
Die Bänder waren so stramm, dass sie öfter gelockert werden mussten. Meine Hände waren fast ohne Blut. Dann hatten wir einen Hügel erklommen. Auf dem Teich brannte ein Feuer. Es konnte nicht anders sein. Wir hatten gesiegt. Jürgen Passig und Bock war es gelungen, die Kiste auf das Floss zu stellen und anzuzünden.
 
Spät in der Nacht legten wir uns in die Schlafsäcke. Das Konzert unzähliger Frösche mussten wir anhören, bis uns endlich die Müdigkeit überwältigte.

Am nächsten Morgen wurde gebadet.
Ein heißer Kaffee ( Mukefuk) munterte uns schnell auf. Dann bauten wir das Zelt ab.
Die Bundesflagge wurde vom Mast heruntergezogen, wir verabschiedeten uns und fuhren wieder heimwärts. Am Abend waren alle wieder zu Haus. Ich wurde dann als Koch abgelöst und war nun in 1962 der stellvertretende Meutenführer.

Wir waren immer noch im Streit mit Bernd Kähler. Als Folge dieser Unstimmigkeiten übernahm Jürgen Passig am 15. Dez. 1962 die Führung der Sippe – Weißer Hisch

Ich war daher bereits ab Jan. 1963 als Meutenführer tätig.

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